Es ist doch immer wieder schön, wenn Depeche Mode ein neues Album ankündigen. Die ersten „Grabenkämpfe“ zwischen den Fans beginnen schon bei der Vorstellung des Covers. Kaum eine andere Band bringt die Massen so in Fahrt wie eben Depeche Mode. Und das die riesige Fanschar zwiegespalten bleibt, dafür wird „Spirit“ schon sorgen. Denn das 14te Album ist sicher nicht das, was viele Erwartet haben. So ist es aber bei Depeche Mode schon seit langer Zeit. Die einen warten auf „Violator Part 2“, die anderen wollen etwas völlig anderes. In genau dieser Schnittmenge, agiert die Band und macht sowieso was sie will.
Spirit ist gegenüber der letzten Alben, düsterer ausgefallen. Das ist auch kein Zufall, denn die Herren Gahan, Gore und Fletcher zeigen sich alles andere, als Begeistert über den Zeitgeist. Im Vorfeld der VÖ war schon zu vernehmen, das Depeche Mode politischer werden würden. Das stimmt zum Teil. Zumindest sind einige Songs, sehr kritisch.
Gleich der Opener „Going Backwards“ malt ein düsteres Bild. Die Menschheit macht einen Schritt zurück und verfällt in alte, ungute Muster. Worauf das nun genau abzielt, darf jeder für sich selbst interpretieren. Der Track strahlt jedenfalls einiges an Melancholie aus, vor allem bei den abschließenden Worten „We feel nothing inside“. Daraufhin stellt Depeche Mode die Frage „Where’s the Revolution“. Über die Vorabsingle wurde ja schon heftig diskutiert. Ich mag den Song, obwohl ich ihn mir an der ein oder anderen Stelle aggressiver und druckvoller gewünscht hätte.
Das krasse Gegenteil erwartet den Hörer bei „The Worst Crime“. Irgendwie haben Depeche Mode immer einen Song dabei, der zum Daueropfer der Skip-Taste avanciert. Hier ist er schnell gefunden. Erinnert mich an Schlaftabletten wie „When The Body Speaks“ oder „Slow“ vom letzten Album. Ziemlich nichts sagen. Wer gerade weggenickt ist, wird dann aber unsanft geweckt. „Scum“ ist ein verdammt aggressives Stück, mit leicht verzerrten Vocals und mitschrei Refrain „PULL THE TRIGGER!“. Wer möchte kann auch hier sicherlich eine politische Äußerung finden. Ein so deftigen Track gab es jedenfalls schon lange nicht mehr auf einem DM Album.
Folgt „You Move“, der vielleicht beste Song des Albums. Ein Midtempo Kracher, der so ähnlich auch von Nitzer Ebb hätte stammen können. Wie gesagt, nur so ähnlich! Hier tropft der Sexappeal geradezu aus der Box und die tiefen Bässe sind der Killer schlechthin! Ein klarer Kandidat für die zweite Single auf den der zweigeteilte Song „Cover Me“ folgt. Part 1 ist ein bedächtiger Song, wie er auch auf Sound Of The Universe Platz gefunden hätte, doch der zweite instrumentale Teil des Tracks hat sehr viele Reminiszenzen an die ganz alten Depeche Mode Alben und hier und da kommen sogar Kraftwerkartige Sounds zum Vorscheinen. Kaum zu glaube, dass dies ein Song aus der Feder von Dave Gahan ist.
„Eternal“ ist dann der erste von den obligatorischen 2 Martin Songs. Ein kleiner. Leiser Song für seine bald auf die Welt kommende Tochter. Eigentlich nix dolles, aber irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, das in einigen Jahren „Eternal“ einen Status erlangen könnte wie „Somebody“ oder „Sometimes“. Mit 2:24 ist das ganze aber auch schnell vorbei. „Poison Heart“ ist der Song, der die Brücke zum Vorgänger Album „Delta Machine“ schlägt, bevor „So Much Love“ mit Stakkato-Rhythmik die Aufmerksamtkeit erfordert. Ein fast schon hektisches Stück, welches Erinnerungen an die 94er Rock Version von „A Question Of Time“ zu Tage fördert.
Und wenn man schon in Erinnerung schwelgt kann man „Poorman“ auch gleich mit den Anfangstagen der Band in Verbindung bringen. Für die Komposition (nehmen wir die 2,3 Gitarrenklänge mal raus) hätte vermutlich ein C64 ausgereicht. Back To The Roots! Der Song hat das Potenzial zum Abräumer.
Bleiben noch 2 Songs, die das Album beschließen. „No More“ handelt von der Trennung zweier Menschen und beim abschließenden „Fail“ klagt Martin an. Die Welt, dich, alle! Wir haben versagt! „Our standards are sinking, We’re barely hanging on, Our spirit has gone, And once where it shone” Wenn Martin diese Zeilen singt, mit der von ihm gewohnten Inbrunst weis jeder. Der Mann ist unzufrieden mit der Welt.
“Spirit” ist für mich das vielleicht beste Album seit 1997. Auf jeden Fall um einiges besser und interessanter als die beiden letzen Alben. See you on Tour!