Das Duo Steinkind, beehrte uns erst vor kurzem mit dem zweiten Album „Galle, Gift & Größenwahn“ und das mit durchschlagendem Erfolg. Da lag es ja nahe die beiden zum Interview zu bitten.
Hallo ihr beiden, gut ins neue Jahr gekommen?
Das Hallo geht zurück und ja, wir sind prächtig ins neue Jahr gekommen. Wir haben am Silvesterabend des alten Jahres ein Konzert in unserer Heimatstadt Leipzig gegeben und dabei einige Songs unseres neuen Albums ausprobiert. Alles lief großartig, die neuen Songs kamen gut an und wir hatten eine Menge Spaß auf der Bühne. Dementsprechend halt und zügellos fiel die anschließende Party aus. Also alles in Allem ein gelungener Jahresausklang bzw. Auftakt.
Auch wenn ihr das vielleicht schon öfter durchgekaut habt möchte ich mal kurz zurückblicken. Euer Debüt hat ja in teilen der Szene eingeschlagen wie die sprichwörtliche Bombe. Vom eigenen Erfolg überrascht?
Nun, wir können ja ehrlich sein. Uns war schon bewusst, was wir da machen. Also hier von purem Zufall zu reden wäre wirklich albern. Wir wussten schon das wir einige Aufmerksamkeit erregen würden, zumal die Single „Deutschland brennt“ zu diesem Zeitpunkt schon ein halbes Jahr ununterbrochen in den Clubs rauf und runter lief. Trotzdem erstaunte und erstaunt uns die Nachhaltigkeit dieses Albums. Das überrascht uns wirklich immer noch. Sind wir doch mal ehrlich. In der heutigen Zeit kommt ein Album raus, evtl. läuft ein Song davon erfolgreich in den Clubs und nach spätestens einem halben Jahr interessiert die Platte kein Schwein mehr. So läuft es mittlerweile auch bei größeren Acts. Bei uns war bzw. ist das komischerweise anders. Uns fällt da auf Anhieb keine andere Band in diesem Genre ein, die auf einem Debütalbum vier oder fünf Songs hat zu denen die Leute knapp zwei Jahre nach der Veröffentlichung im Club immer noch abgehen als gäbe es kein Morgen. Berichtige uns bitte falls wir da was falsch sehen oder uns hiermit maßlos überschätzen sollten.
Wir habt ihr denn selbst die Zeit zwischen eurem Debüt und heute erlebt?
Wir sind viel rumgekommen, haben eine Menge Konzerte gespielt und haben eine Menge Erfahrungen mit Menschen und dem ganzen Drumherum des Musikgeschäfts gemacht. Ob wir nun wollten oder nicht. Im Großen und Ganzen war es eine recht abgefahrene Zeit. Man erinnert sich an einige Konzerte, an ein paar Sequenzen irgendwelcher bösen Partys oder an irgendeine Stadt. Aber als wirklich besonders oder extrem aufregend haben wir diese Zeit nicht wirklich empfunden. Letztendlich beinhaltet diese Zeitspanne ja auch wochenlange Arbeit im Studio, sprich tausendfaches Probieren, endlose Diskussionen und ewiges Tüfteln an zwei, drei Sekunden. Das ist im Hochsommer übrigens alles Andere als aphrotisierend…
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Euer neues Album hört auf den Titel „Galle, Gift & Größenwahn“. Ist da der Name Programm?
Selbstverständlich! Das kann man guten Gewissens behaupten. Gerade was die Texte angeht haben wir uns richtig schön gehen lassen. Wir freuen uns auch schon auf die zu erwartenden Mails schöngeistiger, rotweintrinkender Philosophen die an uns den kulturellen Verfall des Abendlandes festmachen. Steinkind als geschmackliche Apocalypse! Herrlich!
Welche Überraschungen werden den Hörer denn erwarten?
Überraschungen trifft es vielleicht nicht wirklich. Es ist nicht so, dass wir uns meilenweit von unserem Debüt entfernt haben. Wir sind lediglich vielfältiger geworden und auf eine bestimmte Art vielleicht auch konsequenter und rücksichtsloser. Hinzu kommt das wir uns diesmal noch schamloser und unverfrorener als vorher an allen Spielarten elektronischer Musik vergriffen haben. Alles in allem sind wir unberechenbarer geworden, ohne dabei den roten Faden hinweg durchs Album zu verlieren. Alles wirkt einheitlich, obwohl wir exzessiv viele unterschiedliche Stilarten zusammengewürfelt haben.
Wo seht ihr denn selbst eine Weiterentwicklung?
Wie schon gesagt, wir sind im Nachhinein selbst erstaunt über unsere Konsequenz und Kaltschnäuzigkeit. Normalerweise hast Du nach so einem Debüt einen enormen Erwartungsdruck zu befriedigen. Jeder will noch mal ein „Deutschland brennt“, „Trink mich“ oder „Larissa“ hören. Man muss ja die Leute bei Laune halten. So läuft es ja nun mal gemeinhin. Erschreckenderweise hat uns das nicht eine Sekunde interessiert. Wir wollten für uns einen Schritt weitergehen. Der Sound sollte besser sein, der Gesang, die Texte, die Songs und die Produktion – also alles eigentlich. Dabei hat uns nicht interessiert was jetzt wirtschaftlich logisch und clever wäre sondern wir haben ein Album gemacht auf das wir Lust hatten. Wenn wir Bock auf Gitarre hatten, haben wir ein Gitarrenlied gemacht. Als wir Lust auf eine Ballade hatten, haben wir eine geschrieben. So einfach ist das bei Steinkind. Es sollte nicht nur ein Album für die Clubs werden, sondern eines das man vielleicht auch mal zwischendurch hören kann – nicht nur Freitag oder Samstag. Dazu gehören nun einmal abwechslungsreiche Songs mit verschiedenen Themen und Stimmungen. Wir sehen das aber in erster Linie nicht nur als Weiterentwicklung sondern auch als Selbstverständlichkeit.
Habt ihr musikalische Vorbilder?
Vorbilder sind ja immer so ein Ding. Es gibt eine Menge Leute bzw. Bands die wir mögen, verehren und die uns auch beeinflusst haben. Das ist bei uns recht bunt gemischt . Ein paar Eckdaten wären Jean Michel Jarre, Depeche Mode, Yellow, NIN, Prodigy und noch so einiges andere. Direkte Vorbilder haben wir aber keine, ansonsten wären wir ja ständig in Versuchung diese zu imitieren…
Wovon lasst ihr euch beim Songwriting beeinflussen? Woher kommen die Ideen für neue Songs?
Das läuft ganz unterschiedlich. Manchmal ist die Idee einfach ganz plötzlich da, ein anderes Mal findest Du wieder ein Puzzleteilchen für eine Sache die schon monatelang herumliegt. Außerdem sind wir in der Phase des Songschreibens recht empfänglich und sensibel für Dinge die von außen kommen. Damit kannst du nie was falsch machen. Beobachte die Menschen und das Leben um dich herum und mache Songs daraus. Lass deine Gefühlslage für dich arbeiten und du hast Material und Ideen für die nächsten 12 Jahre und darüber hinaus.
Seid ihr dieses Jahr auch wieder auf dem WGT? 😉 Oder anders gefragt habt ihr mit dem Thema Festivals schon abgeschlossen?
Mit dem WGT müssen wir mal sehen. Es kann sein, dass sich was anbietet aber was Festes haben wir noch nicht auf dem Zettel. Unter den laufenden Umständen dieser Veranstaltung, hat sich das für uns erledigt. Zum Thema andere Festivals können wir nicht viel sagen außer das wir gern mehr spielen würden. Aber irgendwie trauen sich die Veranstalter nicht so wirklich an uns ran. Die haben bestimmt Angst um Ihre Frauen. Ganz bestimmt!
Habt ihr überhaupt schon Pläne die Nation live zu rocken?
Natürlich gibt es solche Pläne. Wir haben ja auch in diesem noch jungen Jahr schon einige Konzerte gespielt. Dort wo man uns haben will, spielen wir auch. Auch dort wo man uns nicht haben will. Da muss dann auch schon mal eine Tankstelle dran glauben.
Was denkt ihr wenn Bauer Heinrich die Charts stürmt?
Ach Bauer Heinrich… Der interessiert doch keinen wirklich. Der ist mal kurz der Pausenclown und verschwindet dann wieder in seinem Stall oder auf der Weide. Der ist zumindest irgendwie echt und auf seine Art authentisch. Bauer Heinrich war purer Zufall. Viel schlimmer finden wir dieses künstliche, auf Krampf hochgepäppelte Gezücht was schon im Fitnesscenter gezeugt wurde, kaum drei Adjektive beherrscht, noch nie einen Song geschrieben hat und dann mit vor Gefühl triefendem Gesicht fremde Lieder singt. Und das soll man dann noch in gut oder schlecht einordnen… Arglistige Täuschung im großen Stil also. Wenn man wirklich unverschämt wäre, könnte man sogar von Wirtschaftskriminalität reden. Im weitesten Sinne natürlich. Aber das wäre wirklich unverschämt.
Welche Schlagzeile würdet Ihr gerne über Steinkind lesen?
Steinkind beehren die Hauptstadt, Olympiastadion an fünf Tagen hintereinander ausverkauft!
Welche Frage könnt ihr nicht mehr hören?
Hallo Phil und Sandor, wie habt Ihr Euch eigentlich kennen gelernt?
Wo seht ihr euch in 5 Jahren?
Im Olympiastadion!
Welchen Film habt ihr zuletzt im Kino gesehen?
Mmmmh „Akte X“ – aber der war leider nur Durchschnitt… Wir sind eher die Videothekenmenschen…
Vielen Dank für eure Zeit. Das letzte Wort gehört natürlich euch!
„Steinkind“ zum Gruß…